Industriearbeiter mit Schutzkleidung- Schutzanzüge
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Qualitätsmerkmale und Mindestanforderungen moderner Schutzanzüge

Das Erscheinungsbild ganzer Branchen kennzeichnet sich durch spezielle Arbeitskleidung. Welche Qualität müssen die Schutzanzüge der Feuerwehr oder unserer Streitkräfte aufweisen? Wie wird die Sicherheit bei industriellen Prozessen gewährleistet? Dem geneigten Leser eröffnet sich hier ein spannendes und weit verzweigtes Themenfeld, über das wir in diesem Artikel einen Überblick verschaffen wollen.

Übersicht der Risikokategorien

Bevor wir uns den Detailfragen zuwenden, sind die Definitionen der verschiedenen Gefahrenstufen abzuklären. Sie wurden vom europäischen Parlament zuletzt am 9. März 2016 in der Verordnung 2016/425 wie folgt angepasst:

Kategorie I

  1. a) Oberflächliche mechanische Verletzungen
  2. b) Kontakt mit minderaggressiven Reinigungsmitteln
  3. c) Kontakt mit heißen Oberflächen bis maximal 50 °C
  4. d) Schädigungen der Augen durch UV-Strahlung. Der direkte Blick in die Sonne ist hiervon ausdrücklich ausgenommen.
  5. e) Witterungsbedingungen nicht extremer Art. Damit sind vor allem die Polarregionen aus dem Spiel.
Latzhose L845/9503 kornblau
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Kategorie II

Sie umfasst jegliche Gefahren, die nicht in Kategorie I und III erfasst wurden.

Kategorie III

Hier sind nur solche Risiken aufgeführt, die potenziell tödliche Wirkungen hervorrufen können.

  1. a) Sauerstoffmangel in höheren Schichten der Atmosphäre
  2. b) schädliche Mikroorganismen und Viren
  3. c) ionisierende Strahlung
  4. d) Temperaturen über +100 und unter -50 °C
  5. e) Stürze aus großer Höhe
  6. f) Ertrinken
  7. g) Verletzungen durch Messer oder Projektile
  8. h) Stromschläge bei Arbeiten an unter Spannung stehenden Anlagenteilen
  9. i) Grobe Schnittverletzungen (etwa durch handgeführte Kettensägen)
  10. j) Arbeiten mit Hochdruckstrahlern
  11. k) exorbitanter Lärm.
Mann arbeitet an einem Hochofen - spezielle Schutzanzüge bei hohen Temperaturen
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Einsatzgebiete der verschiedenen Schutzanzug-Typen

Die einzelnen Klassen bauen aufeinander auf. So bietet die Kategorie III auch Sicherheit vor allen Gefahren, die in den ersten beiden Stufen erfasst sind. Vielen der aufgeführten Aspekte kann mithilfe einzelner Sicherheitsvorkehrungen (z.B. schalldämpfende Kopfhörer) Genüge getan werden.

Arbeiter mit Gehörschutz und Augenschutz
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Wir wollen uns heute aber vor allem dem markanten Ganzkörper-Schutzanzug widmen. Er ist der Kategorie III zuzuordnen und wiederum in mehrere Qualitätsstufen unterteilt:

  • Typ 6: Sicherheitskleidung gegen flüssige Chemikalien mit eingeschränkter Schutzleistung (Einwegprodukt). Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich bei der gewerblichen Gebäudereinigung und in der Landwirtschaft.
  • Typ 5: Der Anzug schützt den Träger vor dem Kontakt mit feinkörnigen Feststoffen (Staub). Er stellt den notwendigen Arbeitsschutz unter anderem in der Altlastensanierung, Asbestentsorgung und bei Mineralfaserarbeiten sicher.
  • Typ 4: Spraydichte Arbeitskleidung ohne Gesichtsschutz. Sie ist für leichte Industriereinigungen, Lackier/Beschichtungsarbeiten und für das Versprühen von Pestiziden geeignet.
  • Typ 3: Das Material ist absolut wasserdicht und wird vor allem als Flüssigkeitsbarriere unter den Schutzanzügen von Typ 1 und 2 getragen.
  • Typ 2: Hier handelt es sich um gasdichte Schutzanzüge für Notfallteams. Die Sauerstoffversorgung wird extern angebracht. Ein klassisches Beispiel ist die ABC-Ausrüstung der Bundeswehr.
  • Typ 1: Das sind belüftete Schutzanzüge. Mehrere Unterkategorien lassen eine Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten zu. So sind die Arbeitskleidung der Feuerwehr und die Infektionsschutzausrüstung in Hochsicherheitslaboren in dieser Kategorie zu finden. Sie ist ebenso für Arbeiten mit radioaktivem Material relevant.
Feuerwehr bei einer Brandlöschübung
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Welche Materialien eignen sich für Schutzanzüge?

Die Schutzanzug-Typen sind nicht hierarchisch aufgebaut. Das heißt, dass Typ 1 nicht zwangsläufig die Schutzwirkung der untergeordneten Klassen beinhaltet. Dies führt in der Praxis zu Produktkennzeichnungen wie „Sicherheitskleidung vom Typ 356“. Der spezifische Aufbau der Schutzanzüge ist von ihrem Verwendungsgebiet abhängig.

So wird zunächst ein (dünnes) Trägergewebe benötigt, das sich nicht vom Material herkömmlicher Arbeitskleidung unterscheidet. Beim gasdichten Anzug befindet sich in der Regel eine polygame Sperrschicht darüber, die wiederum von einer säurebeständigen Außenbeschichtung geschützt wird. Die Barriere wird doppelwandig ausgeführt, erfolgt also an der Außen- und Innenseite der Arbeitskleidung. Beim kurzzeitigen Aufenthalt in Räumlichkeiten mit erhöhter Infektionsgefahr genügen mitunter Einwegprodukte für den Arbeitsschutz. Sie zeichnen sich durch ihr besonders geringes Gewicht aus und weisen nur eine vereinzelte Polymerschicht auf der Außenseite auf.

Junger Mann im Labor in einem Schutzanzug
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Beim flüssigkeitsdichten Schutzanzug befindet sich innen- und außenseitig eine PVC-Schicht auf dem Trägermedium. Die verwendeten Materialien ändern sich mit jeder neuen Produktlinie, da die Hersteller verständlicherweise darum bemüht sind, ihren Kunden den bestmöglichen Arbeitsschutz zu bieten. So werden zurzeit Einweganzüge mit Tychem (gewährt Sicherheit vor Säuren und toxischen Feststoffen) und Zytron (Biowaffen) beschichtet, während Symex (Laugen und Öl) und Umex (Ammoniak und Chlor) wiederverwendbarer Natur sind.

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Bei Typ 4 wird eine dünne Polyurethan-Schicht aufs Trägermedium aufgetragen. Den atmungsaktiven Allrounder findet man in zahlreichen Haushaltsgegenständen wieder. In flüssiger Form ist er Handwerkern als Imprägnierungsmittel bekannt.

Anwendungsdauer und Haltbarkeit

Die Frage nach der Haltbarkeit spezieller Arbeitskleidung ist nicht leicht zu beantworten. Vor allem die in der Arbeitsschutz-Regel 112-189 verwendete Formulierung „für begrenzten Mehrfacheinsatz geeignet“ wird gerne fehlinterpretiert. Erst die Begriffsbestimmung verdeutlicht, dass es sich dabei um einen Schutzanzug handelt, dessen Einsatz nach der Kontamination mit Gefahrstoffen unwiderruflich endet. Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass Mehrwegprodukte genutzt werden können, solange sie keine Beschädigungen aufweisen. Einmal äußerlich mit klarem Wasser abgespült, sind sie fit für den nächsten Einsatz. Ein kontaminierter Anzug wird dagegen als Sonder- bzw. Giftmüll klassifiziert und ist entsprechend zu entsorgen.

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Die Durchdringungsrate zählt zu den zentralen Prüfkriterien für Schutzanzüge. Sie legt fest, wie lange es dauert, bis eine schädliche Substanz durch die Arbeitskleidung dringt und auf die Haut einwirkt. Der Gesetzgeber definierte dafür erneut 6 Abstufungen, wobei Anzugklasse 1 (Durchbruchzeit 10 Minuten) am unteren Ende der Skala rangiert. Die Anzugklasse 6 schützt den Träger bereits über den Zeitraum von 4 Stunden vor schädlichen Umwelteinflüssen.

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Zubehör und Handhabungsrichtlinien

Beim Thema Arbeitsschutz darf der Fehlerfaktor Mensch nicht außer Acht gelassen werden: Der beste Schutzanzug ist nutzlos, wenn er falsch angelegt und/oder ausgezogen wird. So zieht man zuerst immer die Schuhe an und arbeitet sich dann nach oben. Jede weitere Schutzkomponente muss die vorangegangene überlappen, sodass eine durchgehende Barriere entsteht. Ein klassischer Anfängerfehler ist der Automatismus, die Hosenbeine in die Arbeitsstiefel zu stecken. Oder die Kapuze zuzuziehen und den Schutzhelm aufzusetzen, bevor der Atemschutz angelegt wird.

Arbeits-Schutzhelm gelb Halbschutzmaske MOLDEX mit Schutzstufe FFA1P2R

Um Schutzhandschuhe von mechanischen Einflüssen abzuschirmen, hat sich die Methode bewährt, normale Baumwollhandschuhe über der Schutzkleidung anzulegen. Aus Unternehmersicht gilt es zudem zu berücksichtigen, dass der Einsatz in Schutzmontur körperlicher Schwerstarbeit gleicht. Unter dem Gewicht schwerer Feuerschutzkleidung oder schusssicherer Westen steigt die Körpertemperatur rasant an. Bei längerem Einsatz erhöht sich somit das Risiko eines Herz-Kreislauf-Versagens. Um die Temperaturen zu begrenzen, verfügen manche Anzüge über Ventilationssysteme. Eine andere Möglichkeit, den Arbeitsschutz zu verbessern, sind wiederverwendbare Kühlelemente, die in Komfortwesten eingelegt werden.

Arbeitshandschuh gelb, Baumwoll-Innentrikot Größe: 9 1 Paar Schutzhandschuh weiß Gr. 9 1 Paar

Nur dritte Wahl beim Arbeitsschutz

Die Sicherheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten, gehört zu den obersten Pflichten des Unternehmers. Er allein ist haftbar, wenn die Maßnahmen zum Arbeitsschutz den gesetzlichen Vorschriften zuwiderlaufen. Hierzu muss er zunächst technische Möglichkeiten ausschöpfen: Können die Arbeiten an der Stromversorgung spannungslos durchgeführt werden? Lassen sich Reinigungsarbeiten in Gefahrstofftanks teilautomatisieren? Sind Lüftungsanlagen dazu geeignet, die Schadstoffkonzentration im Arbeitsbereich zu senken?

Der zweite Baustein beim Arbeitsschutz ist der Sicherheitsabstand. Gefährdete Bereiche sind abzuschranken und gegen Betreten zu sichern. Wo Erzeugnisse mit Höchsttemperaturen (etwa in der Stahlindustrie) hergestellt werden, sind die sensiblen Abschnitte farblich zu markieren.

Mann arbeitet an einem Schmelzofen
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Erst wenn diese beiden Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kommt die persönliche Schutzausrüstung ins Spiel. Sie ist dem Arbeitnehmer unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Regelmäßig durchgeführte Schulungen der Belegschaft zählen ebenso zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht wie die Überprüfung der individuellen körperlichen Eignung.