Verlegung-Fernwaermeleitungen
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Fernwärme

« Heizsystem mit Zukunft? »

Die Preise für Energie steigen. Hinzu kommt, dass Erdgas und Erdöl mittlerweile als Energieträger für die heimische Heizung auf dem absteigenden Ast sind und über kurz oder lang ganz entfallen. Die Frage ist, welches Heizsystem sowohl für die Nutzer einen adäquaten Ersatz darstellt, als auch dem Klimaschutz und den veränderten Bedürfnissen des Energiemarkts Rechnung trägt. Immer wieder wird das Thema der Fernwärmeheizung dazu ins Spiel gebracht. Aber was ist Fernwärme eigentlich genau? Und hat diese Technik das Potential, die Wärmeerzeugung in die Zukunft zu führen?

Fernwärme – was ist das?

Eine oft unbekannte Tatsache ist, dass Fernwärme die Heizung selbst nicht direkt beschreibt. Denn grundsätzlich kann jede Heizungsart zur Wärmeversorgung herangezogen werden. Das Grundprinzip dieser Technik sieht lediglich an Stelle individueller Einzelsysteme in jedem Gebäude eine zentrale Wärmerzeugung vor. Die Heizwärme wird dann zu den einzelnen Gebäuden transportiert und dort für die individuelle Haustechnik, also Warmwasserversorgung und Beheizung, nutzbar gemacht.

Junge Frau duscht
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Wie funktioniert Fernwärme?

Ganz allgemein funktioniert ein Fernwärmenetz wie das heimische Heizsystem. Der Wärmeerzeuger setzt einen Brennstoff oder eine andere Energiequelle im Warmwasser um. Dieses wird als Energieträger zum Speicher transportiert, von dem aus Heizkörper, Fußbodenheizung etc. versorgt werden. Der große Unterschied ist, dass die Leitung vom Erzeuger zum Speicher nicht nur von einem Raumende zum anderen reicht, sondern von der Heizzentrale über lange Wegstrecken bis zum jeweiligen Gebäude. Hinzu kommt eine Fernwärmeübergabestation, die die Fernleitung überträgt in die Hausleitung zum Speicher. Von dort gleicht der weitere Prozess einer herkömmlichen Gebäudeheizung vollständig.

Abzweig zum Hausanschluss
Von Ra Boe / Wikipedia, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=38017177

Die Distanz macht den Unterschied

Damit ein Fernwärmenetz tatsächlich als solches gilt, kommt es vor allem auf die Distanz an. Relevant ist nicht der geografische Abstand, sondern die Länge der Leitungswege zwischen Heizung und Fernwärmeübergabestation. Erst ab einem Transportweg für das Warmwasser von ungefähr einem Kilometer spricht man von echten Fernwärmenetzen. Leistungsfähige Netze mit hoher Verbraucherzahl können heute aber ungleich umfangreicher ausfallen. Alle Verteilnetze unter dieser Mindestlänge werden üblicherweise als Nahwärmenetz bezeichnet. Allerdings wirkt sich diese Unterscheidung höchstens technisch aus, wenn der Aufwand der Leitungen steigt, um die Energieverluste auf langen Transportwegen durch eine bessere Leitungsisolation auszugleichen.

Fernwärmeleitung in einem Tunnel unter dem Rhein in Köln - Fernwärme
Von A.Savin – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19387766

Welche Energieträger nutzt Fernwärme?

Welche Heizungsart für eine Fernwärmeversorgung eingesetzt ist, variiert. So kann Fernwärme Gas, Öl, Holz oder sonstige Wärmequellen nutzen. Allerdings ist Erdgas ein vergleichsweise untypischer Energieträger, da sich die Vorteile eines solchen Systems mit anderen Brennstoffen weit wirkungsvoller umsetzen lassen. So sind die ersten großen Wärmenetze in Deutschland nicht mit eigenen Heizanlagen entstanden, sondern vielmehr aus Situationen mit hohem Abwärmeanfall. So wurde etwa die Abwärme großer Industrieanlagen über Wärmetauscher nutzbar gemacht. Letztlich kann aber jede ausreichend große und zuverlässige Energiequelle erschlossen werden.

Fernwärme in urbaner Umgebung, oberirdisch -
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Wer betreibt ein Fernwärmenetz?

Die Betreiber von Wärmenetzen sind ebenso vielfältig, wie die technischen Umsetzungen. Meist steht als Betreiber ein ohnehin mit der Energieversorgung betrautes Unternehmen, wie etwa die örtlichen Stadtwerke. Diese richten die Fernheizung ein und machen sie allen umliegenden potentiellen Nutzern zugänglich. Weit weniger verbreitet ist bei Fernwärmesystemen dagegen der Betrieb durch eine Gemeinschaft von Einzelobjekten, die für eine geschlossene Nutzergruppe ein solches System aufbauen. Dieses Modell kommt üblicherweise in Verbindung mit Nahwärme zum Einsatz, da die umfassenden Systeme über einen Kilometer Leitungslänge kaum mehr in Eigenregie organisiert und betrieben werden können.

Fernwärmespeicher des Kraftwerkes Theiß mit 50.000 m³ Fassungsvermögen - Fernwärme
Von Ulrichulrich – eigene Aufnahme Ulrichulrich, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=12467233

Fernwärme Vor- und Nachteile

Nun ist die Frage, inwiefern diese Form einer zentralen Heizung Vorteile mit sich bringt. Spart sie Energie? Ist sie wirtschaftlicher und damit auch günstiger für die Nutzer? Und wo liegen die Nachteile?

Heizsystem meets Stromerzeugung: KWK als Schritt zur Energiewirtschaft der Zukunft

Eine typische Form der Fernwärme ist die Energiegewinnung in Form von Kraft-Wärme-Koppelung, kurz KWK. Diese Technik gilt als besonders effizient, da sie nicht vordergründig Heizwärme generiert. Stattdessen ist das Hauptsystem ein Stromgenerator, der aus einem zur Verfügung gestellten Brennstoff elektrischen Strom erzeugt. Sozusagen als Nebenprodukt fallen große Mengen an Wärme an, die in Form von Warmwasser hervorragend erschlossen werden können. So ist Fernwärme Heizung und Stromquelle zugleich. Mit einem überschaubaren Mehrbedarf an Energiezufuhr wird hier gleichauf zwei Wegen ein Gewinn erzielt.

Effizienz aus Sicht der Umwelt: das Fernwärmenetz als Umweltretter

Aber auch jede andere Heizungsart in Verbindung mit einer Fernwärmeverteilung weist zumindest teilweise gleiche Vorzüge auf. So kann eine Fernwärme mit Gas trotzdem wirtschaftlicher arbeiten, da größere Anlagen grundsätzlich wirkungsvoller agieren, als viele Kleinanlagen. So kann ein großes Zentralsystem aus der bereitgestellten Energie mehr Heizwärme generieren, wie vergleichbare Einzelsysteme in jedem Haus. Weniger Energieverbrauch bedeutet weniger Zugriff auf die verfügbaren Ressourcen und damit mehr Nachhaltigkeit.

In der dritten Generation stammt ein Teil der Fernwärme häufig aus Müllheizkraftwerken, wie hier im Müllheizkraftwerk Kiel
Von Siegbert Brey – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=42200727

Die Fernheizung als Vorteil für Nutzer

Aus Sicht der Verbraucher hat diese Heizung andere klare Vorteile. Da keine eigentliche Heiztechnik im heimischen Keller steht, ist der Platzbedarf geringer. Ebenso ist die Gefahr von technischen Problemen niedriger, da weniger Technik vorhanden ist. Viele Modelle positionieren die Fernwärmeübergabestation sogar klar beim Betreiber, so dass die Verantwortlichkeit für Schäden, Wartung etc. nicht beim Endkunden verortet ist. Der Endnutzer erhält also mit geringer Gefahr und wenig Aufwand, zugleich aber hoher Sicherheit Energie geliefert.

Niedrigtemperatur Heizkörper Alu 407x480 mm

So profitieren Betreiber von der Fernwärmeheizung

Für den Betreiber einer Fernheizung bietet sich durch die hohe Nutzerzahl eine wirtschaftliche Basis, die Zuverlässigkeit und damit Planbarkeit in Aussicht stellt. Investitionen sind selbst langfristig berechenbar und somit für alle Beteiligten wirtschaftlich sinnvoll umsetzbar.

Die Nachteile

Der große Nachteil von Fernwärmenetzen ist dagegen ihre große Schwerfälligkeit auf Grund des komplexen Aufbaus. Das bezieht sich vor allem auf technische Veränderungen. Meist sind Wärmeerzeuger und angebundene Gebäudezahlen so abgestimmt, dass ein möglichst effizienter Betrieb gewährleistet ist. Steigen nun mehrere Abnehmer aus, wirkt sich das auf die Effizienz aus. Verträge werden deshalb meist sehr langfristig geschlossen, was die Veränderungsmöglichkeiten der einzelnen Hausbesitzer ebenfalls stark limitiert. Hinzu kommt der hohe Aufwand für nachträgliche Veränderungen oder Modernisierungen, da Erdleitungen zum Wärmetransport in aller Regel von Verkehrsinfrastruktur oder sogar Gebäuden überbaut sind.

Fernwärmeleitungen
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Wie hoch sind bei Fernwärme Kosten für Anschaffung und Betrieb?

Dass auch Fernwärme Kosten erzeugt, ist klar. Wie hoch diese sind, hängt aber von der Nutzeranzahl, der technischen Umsetzung und Marktlage der gewählten Energie ab. Hier zeigt diese Art einer Heizung keinerlei Unterschied zu sonstigen Versorgungsverträgen örtlicher Stadtwerke, sei es für Gas oder Strom. Zusammengefasst kann man sagen, dass die Anschaffung der Heizung deutlich günstiger ausfällt, was zum Zeitpunkt des Hausbaus viele Eigentümer spürbar entlastet. Dafür wird der hohe Komfort der Fernheizung über die Lebensdauer hinweg Monat für Monat erkauft, so dass zumindest ein Teil der finanziellen Belastung lediglich verlagert ist.

Fernwärme oder Wärmepumpe? Welches System überzeugt?

Mittlerweile zum echten Klassiker unter den Heizsystemen ist die Wärmepumpe geworden. Bietet eine Fernwärmeversorgung hier eine echte Alternative? Oder bleibt diese Form der Energie für die Heizung Idealisten oder Bewohnern in Nähe wärmeabgebender Industrie vorbehalten?

Viessmann Wärmepumpenpakete

 

Jede Heizung hat ihre Vorzüge. Fernwärmenetze lassen sich gut bei der Neuerschließung ganzer Wohngebiete einrichten. Dann können Leitungen vor der Bebauung verlegt und die Zahl der Abnehmer gut abgeschätzt werden. Die Folge ist eine langfristige Bindung der Abnehmer an ein stabiles, effizientes und komfortables System. Wärmepumpen dagegen bieten individuelle Freiheit und sind auch im Bestand jederzeit umsetzbar. Man könnte damit sagen, dass Fernwärmeversorgungen definitiv ihre Berechtigung haben. Überall dort, wo sie nicht möglich oder schlicht nicht vorhanden sind, bieten Wärmepumpen eine sinnvolle Ersatzlösung.

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Fazit: Fernwärme als Beitrag zur Energiewirtschaft der Zukunft kein Muss, aber mit Potenzial

Fernwärme hat das Potential, günstig, effizient und nachhaltig Energie bereit zu stellen. Wird dieses Potential genutzt, steht hier eine echte Möglichkeit für die Heizung der Zukunft zur Verfügung. Wird dagegen weiterhin Erdgas genutzt, verpuffen diese Vorzüge restlos. Es liegt also an den Betreibern, ob Stadtwerke, Energieversorger oder anderem Unternehmen, moderne, zukunftsweisende Konzepte zu entwickeln und umzusetzen. Sowohl der Markt als auch der gesellschaftliche Druck ist allemal vorhanden, ein Stück Zukunft bei der Heizung aktiv anzugehen und Wirklichkeit werden zu lassen.